Unihockey

Wehntal

Club

Regensdorf

Der letzte Spieltag der Saison

Geschrieben am 18. April 2017 von Tobias Müller

Früh am Morgen klingelt der Wecker. Noch einmal lasse ich den gestrigen Tag Revue passieren. Die Jungs haben es geschafft, ihre beste Leistung abzurufen und sich und den Fans die Freude an unserem Sport zu zeigen und zu vermitteln. Im Halbfinale treffen wir auf UHCevi Gossau, ein Gegner, der nicht zu unterschätzen ist. Doch ich bin mir sicher, dass wenn wir dieses Niveau von gestern nochmals aufrufen können, uns niemand so leicht aus dem Weg zu räumen vermag.

Als wir im Wisacher ankamen, schickten wir die Jungs direkt auf die Einlaufstrecke. Und da wurde uns eine Hiobs Botschaft mitgeteilt – Nico Klein kann kaum auf seinem Fuss abstehen. Sein fehlen würde unsere Überlegungen bei den Blöcken total auf den Kopf stellen. Silvio versucht mit Tape möglich zu machen damit Nico spielen kann. Als ich sehe, dass er bei Silvio in besten Händen ist, brauche ich einige Minuten für mich.

Mit einem etwas verträumten Blick sehe ich auf die unter mir liegende Halle. Ruhig und friedlich liegt das Feld vor mir. Einzig und allein lag ein Ball einschussbereit auf dem Spielfeld. Werden sich die Jungs heute für ihre Leistungen in der Saison belohnen oder wird dieser Ball bei uns in den Maschen zappeln? Bilder von letzter Saison kamen hoch. Damals wurden wir für all unsere Bemühungen nicht belohnt und scheiterten knapp und unglücklich an UHC Elgg. Hoffentlich wird das Glück heute auf unsere Seite kippen.

Als die Jungs eingespielt waren und in der Kabine auf mich warteten, sammelte ich mich ein letztes Mal. Ich habe bekanntlich nicht das grösste Selbstvertrauen. Aus diesem Grund musste ich zuerst eine Ansprache für mich machen um danach vor die Jungs zu treten. Es galt also, den Jungs die Nervosität zu nehmen indem ich mich selbst selbstbewusst vor sie hinstelle, über das Glück und die Entstehung dazu erzähle und sie dann raus in die Halle entsende. Nach mehreren Atemzügen geht es in die Kabine.

 

«Wir haben gestern allen gezeigt, wieso wir hier bei der Endrunde dabei sein dürfen. Wir haben aber nicht nur für das gespielt gestern. Wir haben unseren Eltern und engsten Fans bewiesen, dass wir auch bei einer Endrunde unser Spiel umsetzen können. Wir haben es uns auch selbst noch einmal bewiesen. Nun stehen wir im Halbfinal. Ändert sich aus diesem Grund unsere Einstellung? Ändere ich meine Ansprache? Spielen wir nun eine andere Taktik? NEIN! Wir müssen weiterhin alles geben, wir müssen weiterhin mit unserem System aufspielen und zeigen, dass wir dieses Niveau von gestern nochmals abrufen können. Viele Spiele werden in Halbfinals oder Finals mit dem sogenannten Glück entschieden. Doch was ist Glück? Viele Menschen nehmen an, dass dieses wechselartig auftaucht und auch dementsprechend wieder verschwindet. Doch dies ist meiner Meinung nach ein Irrglaube. Glück kann man erzwingen. Wenn jeder alles gibt auf diesem Feld, niemals aufgibt und das zu erreichende Ziel mit allem Möglichkeiten erkämpfen will, kann man das Glück erzwingen. Spielt nicht nur einfach ein Pass, wollt diesen Pass anbringen. Verteidigt nicht nur, wollt diesen Ball mit allem Möglichen von unserem Tor fernhalten. Schiesst nicht nur einfach auf das Tor, wir wollen das Tor mit jeder Faser unseres Körpers erzielen. Nun gehen wir hinaus auf das Spielfeld und zeigen dem Gegner was wir können. Wir erkämpfen uns dieses Spiel und holen das Glück auf unsere Seite!»

 

UHC Wehntal Regensdorf vs. UHCevi Gossau 3:0 (2:0)

Unser Kondi- und Kraft-Trainer, der ebenfalls alles übers Tapen und Massagen weiss, kam uns zur Hilfe. Ivan Lattmann massierte kurz vor dem Spiel Nicos Ferse durch. Währenddessen schickte ich unseren dritten Block als Starting-Four auf das Spielfeld. Ein Schmunzeln ging mir über die Lippen als ich unseren Zappli und Jungspund Noel Kubli auf das Spielfeld laufen sehe. Konzentriert nahm er neben den anderen auf dem Feld seinen Platz ein. Kein Zappeln, keine Angst war ihm anzumerken. Er, der im September dieses Jahres einen Wechsel zur C-Juniorenmannschaft in Betracht gezogen hatte, da er sich das Niveau bei den B-Junioren nicht zutraute. Nun durfte eben er mit seinen beiden Mitspielern aus dem dritten Block den Halbfinal in der Endrunde eröffnen. Einen wahnsinnigen Schritt in punkto Selbstvertrauen, den ich jedem Menschen wünsche.

Es war ein hart umkämpftes Spiel mit vielen vergebenen Torchancen und Strafen. Wir sind uns seit dem Lengnauspiel in der Saison gewöhnt, ohne Treffer trotzdem geduldig auf unsere Chancen zu warten. Und da kam der verdiente Treffer in der 18 Minute. Auf Pass von Saharit schoss uns unser Captain Philipp in Führung. Dies war ein Schock für die Mannschaft aus Gossau, die kurz darauf den Doppelschlag hinnehmen musste. Laurin Tanner verwertet einen Assist von Yannick Dill. Mit dem Pausenpfiff kam eine grosse Erleichterung über mich. Bis jetzt läuft alles nach Plan. Nun nochmals die Jungs ermahnen nicht nachzulassen.

Die zweite Hälfte begann mit einer Tempoverschärfung von UHCevi Gossau. Sie drückten auf den Anschlusstreffer, den wir durch gute Defensivarbeit zu verhindern wussten. Dieses Tempo wird Fehler im Aufbauspiel provozieren, wollte ich meinen Jungs mitteilen, als genau dies geschah. Fehler im Aufbauspiel von Gossau und Marc Bachmann verwertet den offenliegenden Ball zur 3:0 Führung. Die Gossauer steckten nicht zurück und drückten. Mehrere Angriffswellen mussten wir über uns ergehen lassen. Der Kampf auf dem Feld hätte ewig noch weitergehen können, Gossau konnte den Anschlusstreffer nicht markieren. Sei es durch unsere super Abwehr oder ihrem Unvermögen an diesem Morgen.

Die letzten zehn Sekunden wurden heruntergezählt und dann war die Freude grenzenlos. Alle stürmten das Feld und lagen sich in den Armen. Wir haben etwas fast unmögliches erreicht. Mit Tanz und Gebrüll gingen wir in die Kabine. Nach einer kurzen Ansprache meinerseits hatten die Spieler 3 Stunden Pause um nach Hause zu gehen oder hier zu bleiben.

Für mich war klar was in dieser Zeit gemacht wurde. Der zweite Halbfinal stand an. Entweder wird uns Wyland in den Final folgen oder es kommt zum Spiel gegen Lengnau. Egal welche Mannschaft dieses Spiel gewinnt, die Emotionen werden bei beiden kochen. Wyland, der Lieblingsgegner von allen B2 Spielern oder Lengnau, die uns in dieser Saison zweimal knapp besiegen konnten.

Das Spiel ging überraschender Weise zugunsten Wyland aus, die völlig klar mit 10:5 in den Final einzogen. Zehn Minuten vor Schluss und zwei Tore im Hintertreffen, begann Lengnau den Torhüter hinaus zu nehmen und jedes Mal wurde dies mit einem Tor bestraft. Somit haben wir in der Klassierung dieser Endrunde Lengnau hinter uns gelassen was mich persönlich, mit vielleicht einer Spur von Schadenfreude, glücklich stimmte.

Nun hiess es für unsere Jungs, sich wieder warm zu machen. Das letzte Spiel der Saison steht an. Finalspiele haben uns leider in dieser Saison nicht gelegen. Man erinnerte sich an den Nuglar-Cup, der im Penaltyschiessen verloren ging oder an das alles entscheidende Spiel gegen Lengnau, in dem ein Time-Out von meiner Seite vielleicht etwas geändert hätte. Nun wäre an der Zeit, dass unser Team einmal den Erfolg verbuchen kann.

In der Kabine war niemand mehr Ruhig. Alle konnten das Spiel kaum erwarten. Eingestimmt hatte man diese Mannschaft schnell. Noch einmal liess ich meine Jungs erinnern was sie in dieser Saison alles geleistet hatten. Egal was nun herauskommen wird. Wir hatten in dieser Saison allen gezeigt, dass wir ein gutes Unihockey spielen können. Mit einem ohrenbetäubenden Schrei gingen wir auf das Feld.

UHC Wehntal Regensdorf vs. UHC Wyland 8:9 (5:4)

Am liebsten hätte ich in diesen Bericht mit dem Satz «Ihr wisst wie es geendet hat» abgeschlossen – aber das werde ich nicht tun.

Auf dem Spielfeld aufgestellt ertönte die Nationalhymne und allen war klar, dass das Finale bevorstand. Vor dem Spiel durften nachmals die Starting-Four das Spielfeld betreten. In unserem Team hatten vier Spieler noch keine Gelegenheit als Starting-Four aufgerufen zu werden. Nach kurzer Absprache mit dem Schiedsrichter (bei dieser Formation muss ein Torhüter mit dabei sein) ging Marc Bachmann mit der Torhütermaske auf das Spielfeld um sie danach unserem Stammtorhüter Jan Stehli zu überreichen. Nun hatten alle mal die Ehre geniessen können, was mich freute und mir einen zusätzlichen Schub für dieses Spiel gab.

Das Spiel begann und man merkte beiden Mannschaften die Nervosität an. In allen Spielen konnte man erkennen, dass man Wyland nicht schiessen lassen darf, da alle Schüsse sofort umgemünzt werden in ein Tor. Dies zeigten sie auch in diesem Spiel und Wyland nützte die erst gute Chance um 0:1 in Führung zu gehen.

Die Jungs auf der Bank sahen sich verunsichert an und die Spieler auf dem Feld gaben sich gegenseitig die Schuld. Jetzt nur nicht zusammenbrechen, dachte ich mir und hatte alle Hände voll damit zu tun, die Gemüter im vierten Block wieder zu besänftigen und den anderen Mut zuzusprechen. Die grösste Motivation gaben sich die Jungs jedoch selbst. Philipp Lätsch spielte einen Zuckerpass auf die Schaufel von Fabian und dieser zirkelt den Ball in die Maschen. Das Vertrauen in das eigene Können war wiederhergestellt und die Mannschaft konnte wieder befreiter aufspielen. Nun kam die grosse Show von Janis Mühlebach. Zwei Wochen zuvor hatte er bei einem ärztlichen Eingriff die Platten aus seinem Knie entfernen lassen. Nun zwei Wochen nach diesem Eingrifft, schoss er auf Pass von Nico Klein unsere Mannschaft in Führung. Kurz darauf nahmen die beiden wieder Mass und brachten uns in eine komfortable zwei-Tore Führung. Das hart umkämpfte Spiel wurde zur Ping-Pong Partie. Die Chancen einer Mannschaft wurden mit einem Konter der anderen Mannschaft beantwortet. Wyland gelang der Anschlusstreffer zum 3:2, der mit einer Kombination von Passgeber Noel Kubli und dem Torschützen Niels Dill mit dem 4:2 beantwortet wurde. Wieder einmal mehr frohlockte mein Herz, wenn ich sehe, wie sich diese beiden gegen die Grossen behaupten. Nach kurzer Zeit ist es wieder einmal soweit das Wyland einen Treffer markiert. Nun war unser ‘kleiner Kämpfer’ Jan Keller da, um uns wieder eine zwei Tore Führung zu bescheren. Den Pass von Laurin verwertet er mit einem Schuss aus weiterer Distanz. Die Freude hielt aber nicht lange an, da Wyland einen weiteren Anschlusstreffer zum Halbzeitstand von 5:4 beisteuerte.

Es war das erwartete umkämpfte Spiel. Nicht Nachlassen bläute ich meiner Mannschaft ein. Weiterhin sauber Verteidigen und vorne auf unsere Chancen vertrauen.

Nach dem Seitenwechsel bekamen wir unsere erste Strafe in diesem Spiel. Und nun kam zum zweiten Mal zum Vorschein, wieso Nico Klein wie auch Janis Mühlebach bei den A Junioren in dieser Saison mitgespielt haben. Während des Boxplay’s tanzte Janis durch alle durch und schoss den Shorthander! Was für ein Tor! Grosser Jubel auf den Rängen wie auch auf der Spielerbank. Block gewechselt und weiterhin standen zwei Regensdorfer, drei Wyländer gegenüber. Kurz vor Ablauf der Strafe schoss die Powerplay Mannschaft den erneuten Anschlusstreffer. Der Gegner behielt weiterhin die Grosschancen bei sich und schoss den Ausgleichstreffer zu 6:6.

Man merkte wie das Spiel langsam auf die Seite der Wyländer Mannschaft kippte. Bessere Chancen, mehr Ballbesitz und zudem wurde unsere Mannschaft je länger je müder. Somit schwächelte unsere Defensive langsam aber beständig. Zudem bekamen wir erneut eine Strafe gegen uns.

Der Wille war weiterhin da bei unserer Mannschaft. Nun erlebten die Wylander ein Dejà vu. Wieder ein Powerplay, wieder ein Ballverlust und da steht wieder Janis und setzt den Ball in die gegnerischen Maschen!!! Was für ein Spiel von Janis Mühlebach. Dass er auf unserer Seite zum MVP des Finales wurde war überaus verdient. Eine Minute später setzte Jan Keller einen oben drauf und stellte unsere zwei Tore Führung wieder her. Ich vergass meine zu vorigen Gedanken, dass dieses Spiel noch kippen könnte. Dies war der erste Fehler den ich in diesem Spiel gemacht habe.

Die Mannschaft aus Wyland bewies nochmals Moral und kam mit allem was sie noch zu bieten hatten. Zwei Minuten vor Schluss gelang es ihnen einen weiteren Sonntagsschuss in unsere Maschen zu jagen. Sollte ich nun ein Time Out nehmen? Ich sollte meine Mannschaft beruhigen und ihnen nochmals erklären, dass sie den Ball in eigenen Reihen halten sollen? Doch dieser Gedankengang ging zu lange und ich löste die Situation, indem ich meine Mannschaft auf der Bank nochmals an unser Spielsystem erinnerte. Dies war mein zweiter Fehler. Wie im Spiel gegen Lengnau vor 4 Wochen vertraute ich meinem Bauch weniger als meinem Kopf. Letztes Mal rächte es sich. Hoffentlich würde es heute trotzdem klappen. Dies war mein Gedankengang als der nächste Treffer für Wyland fiel. Nun war ich überfordert. Ich konnte nicht einmal mehr Time-Out rufen. Ich erstarrte und konnte nur noch den vierten Block auf das Spielfeld schicken. Und da kam es wie es kommen musste. 30 Sekunden vor Schluss wurde ein weiterer Ballverlust in unserem Spielaufbau uns zum Verhängnis. Der Jubel auf der einen Seite war riesig. Wie lange war Wyland hinten gelegen und hatten sich nie aufgegeben. Sie haben das Spiel auf ihre Seite gezerrt und uns in letzter Sekunde den Todesstoss versetzt. Übrig blieb eine völlig am Boden zerstörte Mannschaft und ein betäubter Trainer. Wie konnte das passieren? Wieso habe ich nicht richtig reagiert? Wieso konnten wir den Ball nicht in unseren Reihen halten? Es war eine riesige Enttäuschung, die wir erst einmal verkraften mussten. Wie in Trance gingen wir in die Kabine. Viele Spieler waren den Tränen nahe, andere wollten nur noch irgendwelche Spieler zu Brei dreschen. Hinsetzen und sacken lassen war die Devise mit der ich die Jungs zu Ruhe brachte. Das war auch für mich nicht einfach. Nicht nur die Enttäuschung über das Spiel überkam mich. Meine Fehler haben meiner Mannschaft die Chance zum Sieg genommen.

 

Nun ging es wieder hinaus. Die Siegerehrung wurde abgehalten. Zuvor war ich aber meiner Mannschaft nochmals eine Ansprache schuldig. «Ihr habt alles gegeben und es hat nicht ganz bis zum Schluss gereicht. Wir müssen das so hinnehmen. Nun müsst ihr aber an etwas anderes Denken. Wir haben es geschafft in den Final einzuziehen. Als einzige Mannschaft die nicht Gruppensieger wurde haben wir es bis in den Final geschafft und es Wyland sehr lange sehr schwer gemacht. Auf das müssen wir stolz sein. Und nun gehen wir zur Siegerehrung. Ich weiss, dass es schwierig sein wird aber wir gehen da hinaus mit einem Lächeln. Das sind wir allen da draussen Schuldig. Den Eltern, die uns die ganze Saison angefeuert haben. All den Fans, die extra für uns an diesem Wochenende Zeit genommen haben um uns zu unterstützen und zu guter Letzt uns selbst. Wir haben den zweiten Platz erreicht. Wir sind es uns schuldig, uns über diese gute Leistung zu freuen und zu feiern.»

Mit diesen Worten verliessen wir die Kabine und traten unserer Silbermedaille entgegen. Ich bin stolz auf meine Mannschaft. Nicht nur über die gezeigte Leistung, sondern wie sie sich während des Turniers verhalten hat. Nun waren sie auf dem Spielfeld und gratulierten dem Sieger ganz herzlich. 

Die Saison war noch nicht vorbei. Die Eltern hatten für uns noch einen Apero vorbereitet. Während den Festlichkeiten wurde der Champagner nicht nur zum Trinken gebraucht. Zuerst wurde (versucht) den Captain nochmals zu duschen. Danach war die Jagd auf die Trainer eröffnet. Es artete so aus, dass ich mich mit einem trockenen Shirt eines Fans (mit der Aufschrift ‘Freude herrscht! ’) und einer Matchtrikothose, die ich mitgenommen habe falls ein Spieler seine vergessen sollte, verschieben musste.

Bei gutem Essen und den coolen Bildern von Familie Gerecke (die wir mit einem Beamer im Raum projiziert haben) liessen wir die Saison langsam ausklingen….